Vertragt Euch – immer weiter!

Gesten sind nach wie vor wichtig im Verhältnis von Polen und Deutschland. Trotz der unterschiedlichen Deutungen des Kniefalls von Willy Brandt vor 50 Jahren ist er zu einem festen Erinnerungsort geworden, der verbindet. Bei aller Skepsis von verschiedenen Seiten gegenüber der zeitgleichen Einigungspolitik unter Helmut Kohl hat die Versöhnungsmesse von Kreisau 1989 ihr Symbolpotential über die Jahre gleichermaßen entfaltet. Wenn Angela Merkel und andere Politiker*innen die historischen Koordinaten bei ihren Besuchen berücksichtigen, wird diese symbolische Bedeutung auch heute in Polen wertgeschätzt.

Die seit 2017 in Deutschland verstärkt geführten Diskussionen um ein zentrales Gedenken für die Opfer Polens in Verbindung mit einem Dokumentationszentrum und einer »Fliegenden Akademie« über die deutsche Besatzungszeit in Polen und anderen Ländern finden in diesem Bewusstsein statt: Im besten Fall können sie Ergebnisse hervorbringen, die wichtige Ebenen vereinen – die starke und bleibende Geste der Erinnerung, die Auseinandersetzung mit immer noch verdrängtem Wissen und die Bereitschaft zum Dialog. Das vom Deutschen Bundestag am 30. Oktober 2020 beschlossene Vorhaben, in Berlin einen »Ort des Erinnerns und der Begegnung« zu schaffen, ist mehr als nur eine jener großen und kleinen politischen Gesten, die Verträge begleiten und Fundamente für die deutsch-polnischen Beziehungen errichten.

Doch um Beziehungen vom Papier ins echte Leben zu hieven, bedarf es des Engagements und der Arbeit zahlreicher Institutionen der Zivilgesellschaft. Die Ideen, die Begeisterungsfähigkeit und die bilateralen Freundschaften einzelner Menschen sind ebenso wichtig wie die Initiativen von Kommunen, Schulen oder Wirtschaftsbetrieben. Kultureller Austausch ist kein schmückendes Beiwerk, sondern Grundkonstante und Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis. In 40 Jahren hat sich das Deutsche Polen-Institut zu einer festen Größe in diesem Netzwerk entwickelt. Und es wird weiter dazu beitragen, den Weg immer wieder neu zu gehen und zu gestalten – vom Vertrag zum (sich) Vertragen.

Funktionierende Städtepartnerschaft: Menschen aus Schwalbach am Taunus und Ołkusz in Kleinpolen Privatarchiv G. Pabst 

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2010–2020