
Vertragen mit Verträgen
Es sind die Monate der Verträge: Zwischen September 1990 und Juni 1991 entsteht ein ganz neues vertragliches Geflecht, in dem Deutschland und Polen ihre Beziehungen neu regeln. Als erstes kommt der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 zwischen den vier alliierten Mächten und den beiden deutschen Staaten, an dessen Zustandekommen auch Polen beteiligt ist. Dieser Vertrag kündigt an: »Das vereinte Deutschland und die Republik Polen bestätigen die zwischen ihnen bestehende Grenze in einem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag.«

Diese Bestätigung folgt kurz nach der deutschen Einigung, im deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14. November 1990, in dem beide Staaten »in dem Wunsch, durch die Entwicklung ihrer Beziehungen feste Grundlagen für ein freundschaftliches Zusammenleben zu schaffen und die Politik der dauerhaften Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschen und Polen fortzusetzen«, die Unverletzlichkeit der Oder-Neiße-Grenze anerkennen.
Am 17. Juni 1991 schließen Polen und die Bundesrepublik den »Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit«, eine umfangreiche Regelung der bilateralen Beziehungen. Die Vertragsparteien erklären, sie wollten »die leidvollen Kapitel der Vergangenheit« abschließen und »ihre Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft« gestalten. Von einer Freundschaft zwischen den beiden Staaten zu sprechen, wo doch fünfzig Jahre zuvor Deutschland ein grausames Vernichtungsregime in Polen errichtet hatte – das ist neu. Der Nachbarschaftsvertrag legt das Fundament für eine beispiellose politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Annäherung beider Staaten, entwirft aber auch eine umfangreiche Handlungsagenda: Vom Wissenschaftsaustausch bis zur Übersetzungsförderung, vom Sprachunterricht bis zu Minderheitenfragen, von der Gründung eines Deutsch-Polnischen Jugendwerks bis zur Stiftung eines Deutsch-Polnischen Preises.
