Neue Symbole für die Nachbarschaft

Beziehungen brauchen hin und wieder Symbole. Das ist bei der deutsch-polnischen Nachbarschaft nicht anders. Nach Willy Brandts Kniefall von 1970 wird es dazu wieder Zeit, spätestens nachdem eine Welle politischer Veränderungen 1989 durch Polen geht: Seit den halbfreien Wahlen im Sommer, bei denen die Kommunisten eine demütigende Niederlage erlebt haben, gibt es eine von der »Solidarność« dominierte Regierung. Sie macht sich daran, das Land aus dem planwirtschaftlichen Ostblock zu führen, in die Verheißungen von Marktwirtschaft und liberaler Demokratie. Helmut Kohls Besuch im November 1989 ist lange vorbereitet worden. Doch kaum hat er sich am 9. November mit großer Delegation in Warschau eingefunden, kommt sensationelle Kunde aus Berlin: Die Mauer ist gefallen.

Helmut Kohl und Tadeusz Mazowiecki bei der Versöhnungsmesse in Kreisau, 12. November 1989. akg-images / picture-alliance / dpa 

Nach einer Stippvisite in Berlin reist Kohl zurück, besucht die KZ-Gedenkstätte Auschwitz und schließlich das niederschlesische Gut Kreisau: Hier, wo gegen Kriegsende der deutsche Widerstand gegen Hitler ein Zentrum hatte, feiern Kohl und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki eine Versöhnungsmesse: ein großes Zeichen für einen neuen Aufbruch in den Beziehungen beider Staaten. Die Umbruchzeit ist auch eine Zeit des gegenseitigen Kennenlernens. Wie neu und aufregend das Jahr 1989 im deutsch-polnischen Austausch ist, bekommen zum Beispiel die Berliner mit: Fast über Nacht entsteht direkt an der immer noch stehenden Mauer ein »Polenmarkt«, der Hunderttausende aus beiden Ländern staunend und feilschend zusammenbringt. Schon 1990 verlagert sich das Handelsgeschehen aus Berlin an die Grenze, wo sich auf der polnischen Seite eine ganze Reihe großer Marktplätze entwickelt, die teils noch heute existieren.

Der »Polenmarkt« am Potsdamer Platz in Berlin, 1989. akg-images / Henschel 
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1989/90–2010